Vom Anfangen

„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“
(Hermann Hesse)

Es ist nun wirklich Zeit für einen neuen Beitrag hier. Die letzten Monate habe ich viel gelernt, vor allem in meinem Schreibstudium, das ich bald abschließen werde. Ich habe daran gearbeitet, mich auf das Schreiben zu konzentrieren, den Fokus auszurichten. Das eigentliche Schreiben aber wollte einfach nicht in den Flow kommen, den ich so sehnlichst erwartet hatte. Das ist doch verflixt, oder?

Es ist doch wunderbar kreative Arbeit. Aus einem gewissen Abstand betrachtet entsteht das Bild des glücklich Schreibenden in der Stille eines blühenden Gartens, wahlweise eines Cafés vielleicht in Anlehnung an bekannte Literaten des Café de Flore vor dem inneren Auge, oder? Ich schreibe, also bin ich! Da muss doch dann auch mal etwas Gescheites bei rauskommen. Zugegeben, am Ort kann es nicht liegen. Ich lebe am Meer, um mich herum herrliche Natur, Ruhe, fantastische Sonnenuntergänge. Was braucht es denn nun noch, um über die Schwelle des holprigen Anfangs, mit dem man zunehmend unzufriedener ist, zu schreiten? Und beim Nachdenken mit den Füssen im Meer tauchen dann so einige Fragen auf: Was ist eigentlich die Intention meines Schreibens? Wie möchte ich mein Anliegen überhaupt zu Papier bringen? Und was ist überhaupt mein wirkliches inneres Anliegen? Die Ausbildung bei der Text-Manufaktur hat mir die letzten Monate sehr geholfen, und doch: Erst jetzt, nach vielen Monaten, dämmert mir zum einen, mit was ich leere Blätter füllen möchte (und mit was nicht), zum anderen wie ich es angehe. Es ist ein neuer Weg, und auf diesem ist eine wichtige Erkenntnis gereift. Was mich hindert, hat mit dem ersten Schritt zu tun, schlicht mit dem Anfangen, zugleich aber mit dem Loslassen. Klingt paradox, und vielleicht war das genau ein Teil der Hürde, über die ich einfach nicht kam. Denn paradox ist dies bei näherer Betrachtung keineswegs.

Der Anfang und das Selbstsabotagemonster

Die simple Wahrheit sind zwei wichtige Wörter: EINFACH ANFANGEN! Wir scheitern selten mittendrin in einer Aufgabe, denn ist man einmal dran, gibt es immer irgendetwas Gutes, was man dem bisher Erledigten entnehmen kann, selbst, wenn man es verwirft.

Das Problem liegt also meist darin, dass wir gar nicht ernsthaft anfangen. Nur warum? Es gibt so viele Gründe, NICHT anzufangen oder nach einem halbherzigen Kaltstart die Brocken gleich wieder hinzuwerfen. Die Hürden, sich wirklich hinzusetzen, egal, um was es als Herzensprojekt geht, springen einem als Selbstsabotagemonster in allerlei lustigen Verkleidungen ständig auf die Füße. Sei es als Selbstzweifel oder Ablenkung von außen. Hier gibt es einige Fallen, in die wir ahnungslos tappen. Zu diesen Fallen gibt es später noch einem anderen Beitrag, denn sie zu erkennen, ist so wichtig. Hat es letztlich geklappt mit einem zaghaften Anfang, kommt zum Beispiel beim Schreiben schon auf Seite zwei der innere Kritiker und beschwert sich bitterlich über Qualität, Inhalt oder Stil der vielen Worte, die doch so dringend rauswollten. Im schlimmsten Fall zückt das Selbstsabotagemonster seinen schlimmsten Joker: Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Autorin? Pah! Und klatscht sich lachend auf die Schenkel.

Wäre es nicht wunderbar, dem Monster die Hand zu reichen und es in seine Schranken zu weisen: „Besten Dank, aber du kann abziehen. Ich brauche dich nicht. Du bist keine Hilfe.“ In dem Moment lassen wir los, die zwanghaften Erwartungen, falschen Ziele, destruktiven Strategien und vor allem: den Druck. Dies alles hindert uns nämlich daran, das zu tun, was wir so gerne tun möchten. Es gibt keinen Grund, uns zu verurteilen, weil wir zig Anfänge gebraucht haben. Wir haben uns hingesetzt und etwas gemacht! Es gibt keinen Grund, uns zu schelten, dass wir nicht schnell genug sind. Gut Ding will Weile haben, so sagt ein altes Sprichwort, und es ist wahr! Es gibt keinen Grund dafür, uns klein zu reden, weil andere das sicher sehr viel besser gemacht hätten. Denn andere sind nicht der Maßstab. Und wenn, dann als unsere Lehrer, die uns als positives Vorbild inspirieren, unseren eigenen Weg zu finden!

Ich muss nicht!

Ich habe mich verabschiedet davon, etwas unbedingt erreichen zu wollen – oder zu müssen. Es ist der perfekte Mechanismus, um etwas zu konstruieren, was nun wirklich gar nichts mehr mit dem eigenen Inneren zu tun hat. Insofern der Killer aller Leichtigkeit, die kreatives Schaffen ausmacht. Rat von Profis ist gut und wichtig. Lernen ist bereichernd. Ich darf mich zum Beispiel in der Ausbildung entwickeln und experimentieren. Es geht ja auch um Handwerk. Lassen wir uns durch den ständigen Blick nach außen aber auf Wege lenken, die uns genau wegführen von dem, was unbedingt aus unserem Inneren raus möchte, kann das Handwerk noch so gut sein, dann ist es nicht echt. In der Seele wartet etwas, das gesehen und beachtet werden möchte. Es möchte Ausdruck finden in den Worten, die auf das Papier fließen. Kombiniert sich beides, dann klappt es mit dem Schreibfluss oder jedem anderen ambitioniertem Vorhaben. Dann sind wir innerlich motiviert und trauen uns, alle Hürden zu nehmen. Auch holprige Blockaden meistern wir dann mit großer Gelassenheit. Wir freuen uns am Experimentieren, am Erforschen dessen, was in uns verborgen ist und gerne raus möchte.

Den Blog hier habe ich lange vernachlässigt, da ich mich auf mein „großes Projekt“ konzentrieren musste. Es stellt sich die Frage: Warum musste? Vor nun fast fünf Jahren hat sich die Krabbe bei mir eingenistet, fies aus dem Hinterhalt – und hat alles durcheinander gewirbelt. Ausgang ungewiss, da Metastasen. Seither höre ich meine Lieblingsworte aus dem Mund meiner Onkologin, die da lauten „Stable Desease“. Was für ein Geschenk! Wie wertvoll ist die Zeit, jeder Augenblick, zudem in stabilem Zustand! Moderne Medikamente machen dies möglich, aber nicht nur, denn auch hierzu werde ich in Kürze etwas schreiben. Ich habe mein Leben radikal umgestellt, um mich gesund und fit zu fühlen, denn die Krabbe hat mich nicht ausgeknockt, sondern war auch ein großer Antrieb, besser für mich zu sorgen. Und ich kann wahrlich sagen: ich fühle mich rundum wohl. Auch hier ging es um das Anfangen, darum, den Hebel umzulegen und EINFACH ZU TUN. Es ist eines meiner Prinzipien geworden.

Es ist gut, dass es Spezialisten gibt, die uns unterstützen können. Sie dürfen uns gerne beraten auf unseren Baustellen. Die Bauleitung sollten wir jedoch selbst behalten. Heißt: Welche Richtung wir einschlagen auf unserem Weg, sollte letztendlich immer unsere eigene Entscheidung sein, zu der wir aus voller Überzeugung stehen. Es geht darum, alles zu tun, was wir tun können. Sonst gibts nichts zu jammern! Ich habe für mich entschieden, mich gesund zu ernähren, und dafür habe ich mein ganz persönliches Programm gefunden, was unglaublich viel Wohlgefühl in mir auslöst und mich mit guter Energie auflädt. Dazu bewege ich mich viel mit den Hunden, oder ich entwickle mein sanftes Bewegungsprogramm weiter, das meine angegriffenen Knochen stabilisiert und meine Muskeln stärkt. Ganz wichtig auch: ich wäge gut ab, wie ich meine Lebenszeit nutze, denn diese ist mir doch arg wertvoll. Hierfür gilt es immer wieder den wirklichen Antrieb ist für etwas zu erkennen. Denn gibt es den nicht, wird es mühsam. Und für „Mühsam“ habe ich schlicht keine Lebenszeit über. In unserer modernen Gesellschaft liegt einiges im Argen, denn was uns vermeintlich gut tun soll, wie sicherlich Scharen von Marketingexperten uns glauben lassen wollen, tut nichts weniger, als uns antriebslos, depressiv oder schwer krank zu machen. Dann rennen wir den falschen Produkten und Idealen hinterher und geraten zwangsläufig auf falschen Kurs. Wir alle sind eingeladen, in den Spiegel zu schauen und darin den wichtigsten Experten zu entdecken, der uns am allerbesten helfen kann, ein glückliches und gesundes Leben zu leben: wir selbst! Zu Ernährung, Bewegung und Stress demnächst hier mehr als kleiner Impuls für all diejenigen, die vielleicht genau wie ich steckengeblieben sind im „Ich muss das“ und dadurch nie wirklich angefangen haben mit ihrem Herzensprojekt.

Der Weg entsteht, wenn wir ihn gehen

Das Fazit ist: Wenn wir merken, dass uns innerlich etwas bewegt, uns antreibt, uns neugierig macht, wenn zaghaft Ideen entstehen, auch wenn sie verrückt erscheinen mögen, dann fang einfach an. Mach JETZT eine Skizze, schreib ein Tagebuch, zieh die Laufschuhe an, nehme eine Gesangsstunde, was auch immer. Mach keine großen Ziele! Die passenden Ziele entwickeln sich erst beim Tun. Denn wir sind einfach nicht „gestrickt“ für das große Ziel, das so charmant in der Ferne lockt. Es nimmt uns die Freude an dem, was wirklich wichtig ist: dem Weg des Entstehens, denn der Weg entsteht, wenn wir ihn gehen. Vielleicht müssen wir mal abbiegen und entdecken ganz neue Inspirationen, oder wir verlangsamen das Tempo, weil es uns einfach gut tut, den Wegesrand in neuer Landschaft etwas ausgiebiger zu erkunden. Bist du erst einmal dabei, dann kannst du dein Ziel justieren und verfeinern, denn dann weißt du wirklich, was dir wichtig ist und was du aus deinem tiefen Inneren heraus erreichen möchtest.

Alles, was wir dann tun, hat einen Sinn und ergibt ein großes Ganzes. Steve Jobs sagte in seiner beeindruckenden Rede in Stanford 2005:

„It is about connecting the dots. You can´t connect the dots looking forward, you can only connect them looking backwards.“

Das ist beeindruckend richtig. Viele einzelne Erfahrungen verbinden sich zu einem großen Ganzen. Deshalb ist so wichtig, anzufangen. Immer wieder. Aus vielen Puzzlesteinen ergibt sich ein Bild, das sich aus all den Anfängen, Versuchen, ersten Schritten und Entscheidungen, zusammensetzt. Wir lernen, uns selbst zu vertrauen und einfach loszugehen auf neue Wege. Dann können wir das Ankommen vor allem deshalb genießen, weil wir auf dem Weg so viel Freude hatten.

One Comment

  • Birgitt Gassner

    9. Juli 2023 at 13:57

    Hallo Süße, toll geschrieben! Sehr inspirierend. Dein Text hat tatsächlich etwas in mir aufgelöst. Nämlich das es nicht nur mir so geht mit dem „anfangen“, sondern jedem 🙂