Im November letzten Jahres, konkret am 5.11.2018 veränderte sich alles. Aus einem zunächst ganz normalen Tag mit einer Routineuntersuchung wurde ein Neuanfang. Ich bekam meine Krebsdiagnose. Schon beim Ultraschallbefund sah man das Unausweichliche: Brustkrebs! Die anschließende Mammographie bestätigte den Befund. Eine Biopsie sollte Klarheit bringen, um wieviele Tumore genau und vor allem, um welche Art es sich handelte. Nun hieß es erst einmal warten auf die konkreten Befunde, was einige Tage dauern sollte.
Nach der Untersuchung fuhr ich zunächst mit meinen Hunden in den Wald. Ich wollte unsere Lieblingsstrecke gehen und dabei nachdenken. Wie fühlt sich das nun an? Krebs! Krebs haben immer die anderen. Man hört und liest es immer wieder. Da hat jemand Krebs. Schrecklich! Und nun ich selbst. Ich war ruhig. Sehr ruhig. Für mich als Wirbelwind fast schon unwirklich. Und doch war es in meinem Leben immer so. Wenn´s richtig ernst wurde, dann war ich ruhig, besonnen, sehr klar. Die kleinen Unpässlichkeiten des Lebens können mich mitunter in den Wahnsinn treiben. Die viel zu lange LKW-Schlange auf der A1 und die nie endenden Baustellen, das grundsätzliche Erwischen der falschen Kasse im Supermarkt, wo immer die Bonrolle leer ist, wenn gerade ich warte und die gerade vor meinen Augen verschwindende U-Bahn, obwohl doch in sechs Minuten gleich die nächste kommt. Das sind sie, all die kleinen Lebenskatastrophen. Nun kam die große, und ich nahm diese mit der Gelassenheit eines Zen-Meisters an.
Ich fuhr einkaufen. Wie auf Watte, so seltsam leichtfüssig, ging ich durch den Supermarkt. Um mich herum die anderen, die Menschen, die keinen Krebs haben. Ab sofort gehörte ich nicht mehr dazu. Ich ging zur Tagesordnung über. Ich brauchte Quark, Wein, etwas Obst. Das war ja nun wichtiger. Heute muss ich schmunzeln, wenn ich daran denke.
Zeit der Wunder
An diesem Tag begann sie, meine „ZEIT DER WUNDER“. Denn nicht nur die Diagnose ereilte mich als lebenseinschneidendes Ereignis. Etwa eine Woche vorher trat völlig unverhofft ein wundervoller Mensch in mein Leben. Wir wussten irgendwie gleich, dass wir uns mehr als wohl fühlten miteinander. Wir wollten uns wiedersehen und freuten uns beide sehr darauf. Auf meinem Spaziergang dachte ich darüber nach, was mir das Leben wohl mitteilen wollte mit der Diagnose direkt nach einer solch wunderschönen Begegnung, die sicher, so meine feste Annahme, nun gleich wieder Geschichte war. Da kam sie dann doch, die Fassungslosigkeit. Ich hatte mich getäuscht. Das Leben wollte mir etwas sagen, es erteilte mir jedoch nicht die zynische Lehre, die ich erwartete. Es bot mir fast zeitgleich den größten Einschnitt, die elementare Lebensaufgabe und das Schönste, was einem nach einiger Lebenserfahrung mit Höhen und Tiefen noch einmal passieren kann: mich noch einmal so richtig zu verlieben. Die wundervolle Begegnung, André, blieb und bleibt. Unerschütterlich an meiner Seite. Durch Hoch und Tief und durch nicht endende Therapietermine. Da war es, das Wunder! Eines von einigen, die folgen sollten. Das Wunder Liebe bekommt eine eigene Kategorie hier. Denn viele Wunder haben mit Liebe zu tun, zwischen Menschen, von Mensch zu Tier und vor allem auch mit der Liebe zu uns selbst. Eben mit Liebesgeschichten, die das Leben schreibt. Und das Leben hat da so seine ganz eigenen Drehbücher.
Natürlich berichte ich hier von meinem Leben mit der Krabbe, wie ich den neuen Mitbewohner nenne. Auch von Veränderungen, die mit ihr einhergehen. Ich berichte über Glücksmomente und auch ehrlich und frei heraus über den ein oder anderen Unglücksmoment, denn auch diese gehören unbedingt zum Leben. Über Menschen und ihre spannenden Lebensgeschichten, über Bücher, die mir wertvoll sind und über meine Reisen zu meinen Lieblingsorten, auf denen ich immer neue Wunder entdecke, die ich oft und gerne auch fotografiere. Was auch nicht zu kurz kommen darf, sind meine Hunde, die treuesten Begleiter überhaupt. Ein Wunder auch, dass ich mit ihnen leben kann, denn eine Allergie machte es jahrelang unmöglich. Das ein oder andere kulinarische Highlight soll auch erwähnt werden, denn Nahrung kann Quelle reiner Lebensfreude sein, vorausgesetzt man wählt sie bewusst aus und versteht zu genießen. Mit wachen Sinnen entdeckt man wundervolle Plätze, an denen Menschen herrliche Menüs zaubern. Auch diese möchte ich gerne mit Euch teilen.
Innerhalb der vergangenen fünf Monate habe ich mich eingerichtet in meinem neuen Leben, und es geht mir wirklich gut. Es ist nicht alles schlecht mit einer Krabbe. Man bekommt mitunter eine neue Sicht auf’s Leben, man lernt es mehr zu schätzen mit all seinen kleinen und großen Ereignissen, die einfach schön sind oder Mut machen oder beides. Die einen immer wieder lernen und wachsen lassen. Mit ZEIT DER WUNDER möchte ich mich dennoch nicht darauf beschränken. Ich möchte generell Mut machen, Mut zu einem guten Leben, auch wenn die ein oder andere Hürde zu nehmen ist. Verliert nicht den Blick für das, was Eurer Leben wertvoll macht. Ich möchte Euch einladen zu einer Entdeckungsreise zu den vielen Wundern, die es da draussen gibt.
Ein „Ereignis, das Staunen erregt“. So definiert Wikipedia ein Wunder. So gibt es unendlich viele Lebensmomente, die uns eigentlich staunen lassen sollten. Nur übersehen wir sie viel zu oft. Das ist schade, finde ich. Denn Wunder sind wundervoll! Und jedes noch so kleine Wunder kann unser Leben in eine vielleicht völlig neue und bessere Richtung lenken, vielleicht kann es uns auch einfach nur gerade gut tun oder aufmuntern oder uns ein wenig Freude ins Leben zaubern.Manche Wunder allerdings sind viel größer. Es sind die Wunder, die ich seit dem 5.11.2018 erleben darf. Der Tag, an dem alles anders wurde. Vielleicht, weil ich sie seitdem bewusster wahrnehme. Hiervon möchte ich berichten. Vom Leben halt, und von dem, was zählt!